Böhmermann bringt gute Satire zurück in eine Satire-Show und hat die humorvollen Corona-Spots der Bundesregierung so geflippt, dass einem das Lachen nun im Halse stecken bleibt, weil man stattdessen nur noch kotzen könnte.
Dennoch schön, dass das Magazin Royale offenbar erneut zu gewohnter Stärke zurückgefunden hat und wieder so hart trifft, dass es wehtut. Funfact: Inoffiziell ist das übrigens ein hervorragendes Satire-Battle zwischen TeamJan und TeamJoko&Klaas.
Im Jahr 2020 ist es ja fast schon zynisch, einen schönen guten Tag zu wünschen, aber ich tu es guter Hoffnung trotzdem einfach mal und überlege, ob ich demnächst einfach jedes Gespräch in jedem Messenger mit diesem Bild beginne.
The Handmaid’s Tale. Einer der vielleicht stärksten und emotional härtesten Dystopie-Serien der letzten Jahre, die urprünglich auf dem US-Streamingdienst Hulu ausgestrahlt wurde und nun endlich auch for free in Deutschland läuft.
Und zwar auf Tele 5 (und in ihrer 5flix-Mediathek), die anscheinend nicht nur Trash-TV, sondern nun auch eine mit Emmys und Golden Globes überhäufte High-End-Quality-Produktion im Angebot haben, die die düsterste und abartigste Zukunft von Feminismus zeigt, die ich je gesehen habe.
Wobei das allergruseligste und bedrückendste an dieser Serie eigentlich ist, dass sie eben nicht in der Zukunft, sondern in einem hier und jetzt spielt, in dem diese verstörende Realität leider noch nicht mal unrealistisch wirkt. Und jede Folge euch dazu bringt, ein Patriarchat stürzen zu wollen.
Die preisgekrönte Serie von MGM Television basiert auf Margaret Atwoods gleichnamigen Bestseller, der Geschichte des Lebens in der Dystopie von Gilead, einer totalitären Gesellschaft in einem ehemaligen Teil der USA. Atomare Katastrophen, Umweltzerstörung und Geschlechtskrankheiten haben zu weitest gehender Unfruchtbarkeit geführt.
Die Gesellschaft wird von machtversessenen Führern in einem neuen, militarisierten, hierarchischen Regime des Fanatismus und in neu geschaffenen sozialen Klassen organisiert, in denen Frauen brutal unterjocht werden und es ihnen unter anderem nicht erlaubt ist zu arbeiten, Eigentum und Geld zu besitzen oder zu lesen. Stattdessen sind die letzten fruchtbaren Frauen Eigentum bestimmter Männer.
Endlich mal wieder eine Show, in der nicht nur alte Menschen über ihre Vergangenheit sprechen, nicht nur Markus-Lanz-Fragen gestellt werden und ich tatsächlich mal jeden Gast kenne (außer den TikToker, da bin ich raus): deep und deutlich. Die neue NDR-Talkshow mit einer gut durchgemixten Runde und u.a. Aminata Belli und MoTrip als Hosts. So geht zeitgemäßes Fernsehen.
2020 ist das Jahr, in dem man in der Stadt das erste mal wieder so wohnt wie damals aufm Dorf, als man sich mit immer den gleichen 3 Leuten an Bushaltestellen weggesoffen hat, weil man nicht in irgendwelche Clubs kam.
Denn seit Corona sind viele Vorteile, die man in einer Stadt so normalerweise hat einfach weg oder sogar zum Nachteil geworden, was wohl hauptsächlich am oft fehlenden Platz liegt, den man aufm Dorf dafür massig hat. Und natürlich einfach weniger Menschen. Während des Lockdowns haben viele die "Ruhepause" in der sonst immer laut hupenden Großstadt ja sogar genossen oder sind zwischendurch wie ich ein paar Wochen aufs Land geflüchtet. Und vielleicht ist dieses Jahr auch das entspannte Landleben einer der Gewinner der Pandemie. Arte hat jedenfalls mal versucht herauszufinden, wohin die Reise zwischen Bauernhof und Skyline am Ende geht.
Der Exodus in mittelgroße Städte ist ein sich mit der Coronakrise verstärkendes europäisches Phänomen. "In die Hauptstadt aufsteigen" war bis zum letzten Jahrhundert ein Ziel. Aber Umweltverschmutzung, Immobilienpreise oder lange Wege zur Arbeit haben dem Traum vom Leben in Hauptstädten ein Ende gesetzt. Die Coronakrise beschleunigt mit Telearbeit und Lockdown diesen Effekt.
Dieser Wunsch nach Lebensqualität durch eine Verlangsamung des städtischen Rauschens wurde 1998 in Italien von der "Slow City"-Bewegung begründet. Dieser neue Lebensstil, der der Natur näher kommt, erfordert jedoch Bedingungen für die Zugänglichkeit mit dem Zug und eine hervorragende Internetabdeckung. Was wäre, wenn die Stadtplaner, die 30 Jahre lang eine starke Bevölkerungsdichte in Megastädten vorhergesagt hatten, sich geirrt haben?
Nun. In erster Linie wohl sehr langweilig. Und einsam. Und unpraktisch. Und überhaupt. Ich bin jedenfalls schon sehr froh, eine Pandemie mit und nicht ohne Internet durchleben zu müssen. Auch, wenn ich mittlerweile manchmal nicht nur müde von Zoom bin (dann doch lieber jitsi;) und inzwischen gefühlt alle Serien der Welt durchgestreamt habe. Aber zum Glück gibt's ja noch Arte.